Sabbatical

Sabbatical richtig nutzen – eine Möglichkeit, dich auszuprobieren


Wie du ein Sabbatical richtig nutzen kannst, darüber spreche ich mit Luk bei der dritten AUSGETAUSCHT Podcast-Episode. Denn er hat ein Sabbatjahr gemacht und für seine Neuorientierung genutzt.

Wir haben in den Epsioden 9 und 17 über seinen Weg aus der Karriere gesprochen. Nun geht es um den Start seiner Selbstständigkeit.

HÖRE DIE PODCAST-EPISODE HIER:


 

Und hier kommt das Protokoll, falls du lieber liest…

Sabine:

Hallo Luk, ich würde sagen, wir starten das heutige Gespräch mit deinem ersten Tag deiner neu gewonnenen Freiheit damals nach dem Jobausstieg. Wie war das für dich?

 

Mein Sabbatical startete auch mit Trauer

Luk:

Einerseits war das sehr positiv – ich habe die Freiheit bekommen, von der ich auch geträumt habe – aber es war auch eine schwierige Periode, weil ich nach 20 Jahren dieses Leben abgeschlossen hatte.

Die ersten Tage und Wochen waren nicht einfach…

Eine Gefühlsmischung, Chaos und vielleicht sogar ein bisschen Trauer über das Ende einer Ära.

Sabine:

Und vielleicht auch Trauer, nicht mehr dazuzugehören?

Luk:

Ja, genau. Ich saß da in meinem Büro und habe aus dem Fenster geschaut und die Leute beobachtet, die zur Arbeit gingen. Es hat mich fast zwanghaft dorthin gezogen, zu diesem Fenster. Und ich dachte: Ok, und ich sitze hier. Was mache ich?

Sabine:

So ein bisschen lost, verloren also…

Was hast du denn gemacht, dort in deinem Büro und was hast du geplant?

Luk:

Ich habe versucht, sehr schnell sehr aktiv zu werden, um mich nicht runterziehen zu lassen. Ich habe entschieden, ein Jahr Sabbatical zu machen und mehrere Sachen auszuprobieren.

Ich wusste noch nicht wie oder was. Ich wollte dieses Jahr als eine Art Neuerfindung oder Abkühlung.

Das zweite, was ich unbedingt wollte: Noch mal studieren. Das habe ich dann gemacht – in Paris.

Aktiv zu sein, das war meine Rettung.

Sabine:

Du sagtest, du hattest schnell entschieden, ein Jahr mit der Anstellung auszusetzen. Hätte denn da noch die Möglichkeit bestanden, dass du dich danach wieder anstellen lässt?

 

Wenn die Headhunter anrufen

Luk:

Nein. Ich wollte auf jeden Fall nach dem Sabbatical nicht zurück in eine ähnliche Position in einem großen Corporate Unternehmen. Das hatte ich für mich definitiv abgeschlossen.

Ich hatte damals ein ziemlich großes Netzwerk, auch bei den größten Headhuntern, weil die alle für mich gearbeitet hatten. Die haben mich natürlich angerufen und wollten mir Angebote machen. Es war schwierig, zu sagen, dass ich kein Interesse habe. Es waren wirklich Top-Jobs dabei. Aber ich hab‘ gesagt: Lasst mich in Ruhe, ich möchte ein paar andere Sachen ausprobieren und dann weiter sehen.

Sabine:

Es ist natürlich auch ein schönes und beruhigendes Gefühl, wenn Headhunter noch anrufen. Man fühlt sich gebraucht und noch nicht abgeschrieben. Das tut ja auch gut.

Luk:

Ja, das ist eine Art Anerkennung. Und gleichzeitig war es für mich sehr verwirrend. Denn einerseits ist es schön, andererseits ist da die Angst, dass die irgendwann nicht mehr anrufen. Und so war es auch. Das war wieder eine schwierige Phase, in der ich mit meiner Entscheidung und dem Abschied noch mal konfrontiert wurde.

Später habe ich andere, die mich in einer ähnlichen Situation um Rat baten, gefragt, ob sie „headhunter-clean“ sind. Das ist tatsächlich ein Maßstab.

Sabine:

Ich glaube allerdings, dass das heute etwas anders ist. Ich denke, man muss keine Angst haben, dass man auch nach 2-3 Jahren wieder ins Angestelltendasein zurück kann.

Luk:

Ich denke auch, dass das absolut möglich ist. Vielleicht ist es in einer Vorstandsposition etwas schwieriger, aber sonst – kein Problem.

 

Ein Wendepunkt im Sabbatical – Neue Kontakte

Sabine:

Was hast du also gemacht in deinem Sabbatical, ganz konkret?

Luk:

Am Anfang war Chaos. Doch dann kam ziemlich schnell das Studium in Paris. Das hat mir eine neue Dynamik gegeben und ich bin in eine neue Phase gestartet. Das war gut. Und die Hälfte der 36 Studenten waren wie ich „in Transition“. Das war fast eine Art Selbsthilfegruppe. 😉

Ein sehr großer Wendepunkt war mein Zusammentreffen mit Professor Herminia Ibarra, die an der Hochschule in Paris lehrte. Ihr akademischer Fokus lag damals auf Career Transition. Sie hat uns ganz neue Perspektiven aufgezeigt.

Ich habe dann sehr schnell angefangen, mich zu organisieren, so wie sie es empfahl. Zum einen war das, einen zweiten Kreis aufzubauen und zum anderen, verschiedenes zu testen.

Sabine:

Du hast also Herminia Ibarra kennengelernt und dieses Studium insgesamt hat dir neue Einsichten und Impulse gegeben. Wie ging es weiter?

Luk:

Ibarra sagt, man solle testen, das heißt neue Dinge einfach ausprobieren und sehen, ob das was für einen ist. Sie redete immer über die „Road not taken“, bei der man starten kann. Und meine “Roads not taken” habe ich ausprobiert.

 

Das kannst du tun, um dein Sabbatical richtig zu nutzen

Bei mir waren es 4 Dinge, die ich schon länger im Hinterkopf hatte und die mich reizten.

1. Interim Management

2. CEO Coach

3. Due Dilligence für Investments

4. Beratung

Beim Testen entdeckst du deine (von Ibarra) sog. Possible Selves. Darüber hatte ich nie nachgedacht, doch in deinem Angestellten-Dasein lebst du eigentlich in einer Art Käfig und du weißt gar nicht, was es außerhalb noch gibt.

Sabine:

Genau, man hat meistens am Anfang seiner Karriere einen Weg eingeschlagen und geht den immer weiter. Wichtig bei diesem Testen und Ausprobieren ist, dass du tatsächlich etwas tust, also nicht nur zum Beispiel Bücher liest bei diesem „Testen“, denn du musst spüren, was das mit dir macht.

Was genau hast du denn getan?

Luk:

Ich hatte den Vorteil meines Netzwerks, wie schon gesagt. So habe ich ziemlich schnell auch ein Interim Mandat gefunden. Das war nicht das, was ich wollte, denn ich machte einen Job, den früher meine Mitarbeiter gemacht hatten und worin ich auch gar nicht gut war.

Dann habe ich drei Monate lang einen CEO gecoacht. Doch mein Schluss war, ich habe da zu wenig Impact. Das war irgendwie zu klein für mich.

Due Dilligence habe ich auch ausprobiert und mit einer Investment-Gruppe aus Brüssel kurz zusammengearbeitet. Leider hat mich einer der 10 Partner als weiteren Partner abgelehnt, so dass das nicht zustande kam.

Am Ende habe ich dann meine Beratungsfirma gestartet und das war dann das Richtige.

 

Wie du einfach hilfreiche Gespräche führst

Wichtig war einerseits das Testen, andererseits aber auch dieser zweite Kreis.

Ich habe in diesem Jahr ungefähr 100 Gespräche geführt. Am Ende des Gesprächs habe ich immer gefragt, ob mein Gesprächspartner mir noch einen weiteren empfehlen könnte.

Das hat sehr viel gebracht und mich nach und nach meine verschiedenen Possible Selves kennenlernen lassen.

Sabine:

Viele haben da Hemmungen und denken, man könnte nicht einfach fremde Menschen ansprechen und befragen.

Luk:

Da gab es tatsächlich überhaupt keine Probleme. Und das waren alles Gespräche mit Menschen außerhalb meines Netzwerks. Das ist gerade wichtig, eben diesen zweiten, neuen Kreis aufzubauen. Und das war nicht schwierig.

Ich habe Menschen gesucht, die in ähnlichen Bereichen waren, wie meine vier, über die ich mehr erfahren wollte. Das war total einfach. Obwohl damals z.B. LinkedIn noch nicht so verbreitet war wie heute.

Sabine:

Ich kann nur bestätigen, dass diese Gespräche immens wichtig sind und dass es kein Problem ist, die richtigen Menschen zu identifizieren und Kontakt mit ihnen aufzunehmen, auch wenn das viele Überwindung kostet. Das gemeinsam zu tun und dabei unterstützt zu werden, dafür habe ich auch das Programm „Managers in Transition“. Melde dich gerne bei mir, wenn dich das interessiert.

 

Die größten Learnings im Sabbatjahr

Was waren denn deine Haupt-Learnings aus diesem Jahr?

Luk:

Ich muss gestehen, wenn ich damals nicht Professor Herminia Ibarra getroffen hätte, wäre es wahrscheinlich schwieriger geworden. Deshalb: Bestelle am besten das Buch. (Hier der Link: http://amzn.to/2yIPxOU)

Ich habe meine Possible Selves entdeckt. Startpunkt bei mir waren meine „Roads not taken“.

Testen und den zweiten Kreis aufbauen – das war sozusagen meine Rettung und hat dazu geführt, dass ich irgendwann “headhunter-clean” war. Wenn sie angerufen haben, habe ich mich gut gefühlt zu sagen, dass ich kein Interesse habe.

Das hat allerdings ein Jahr gedauert.

Sabine:

Ja, das sollte man unbedingt berücksichtigen. Es muss kein ganzes Jahr dauern, aber dieser Prozess geht nicht von heute auf morgen. Doch wer weiß, vielleicht hast du mit dem Testen ja bereits angefangen, ohne dass es dir bisher bewusst war…

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