„Neustart mit 50 – ist es eigentlich irgendwann zu spät, sich beruflich nochmal neu zu orientieren?“ Das fragte mich neulich eine dpa-Redakteurin in einem Interview. Zweierlei spannende Gedanken stecken für mich in dieser Frage und die will ich hier aufgreifen.
Zum einen: Ist ein Neustart mit 50 möglich? DAS ist für mich gar keine Frage. Doch viel interessanter war für mich hier die Erkenntnis, dass das, was für mich so selbstverständlich ist, für andere vielleicht der blanke Wahnsinn ist. Sonst würde eine Redakteurin ja nicht sowas fragen. Für mich ist das in der täglichen Arbeit mit meinen Kunden „um die 50“ total normal, dass man sich neu orientiert. Wie am besten, beantworte ich im Podcast.
Anlass für mich, mich mal wieder ein paar Jahre zurückzuversetzen, in die Situation, als ich vor meinem Neustart stand und ganz schön Bammel hatte. Mit damals 49.
Der zweite Teil der Frage: Ist es eigentlich IRGENDWANN zu spät? Mit 50, 60, 70, 80…? Schon schwieriger. Klare Antwort meinerseits: Kommt drauf an. Worauf genau, das erfährst du gleich.
Wie kommt man überhaupt auf die Idee, mit 50 nochmal neu zu starten?
Wird diese Neuorientierung in der Lebensmitte überbewertet? Gibt es nicht genauso viele Menschen, die sich mit 30 oder 40 oder irgendwo dazwischen überlegen, nochmal neu anzufangen?
Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Was aber schon anders und besonders an diesem Neustart mit 50 ist, ist dass diejenigen, die sich das „so spät“ überlegen, früher eher zu den Exoten gehörten. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als es hieß: Mit 40 bekommst du keinen Job mehr.
Und ich kann mich auch genau erinnern an Zeiten, wo diejenigen, die Veränderung im Privaten suchten, indem sie sich zum Beispiel eine Harley kauften, belächelt wurden: Midlife Crisis…
Das war nicht „normal“.
Heute wird es immer normaler. Ich sage sogar: Wer keine Midlife Crisis hat, verpasst was!
Immer mehr Menschen können sich den „Luxus“ leisten, sich in der Mitte des Lebens nochmal neu auszurichten. Und immer mehr Menschen können es sich aufgrund des wachsenden Drucks und steigender mentaler Belastung nicht mehr leisten, bis zur Rente durchzuhalten. Dann wird der vermeintliche Luxus zum Muss.
Rollen, Werte, Prioritäten ändern sich
Im Lauf des Lebens ändert sich, was uns wichtig ist. Das ist nicht neu und war auch schon vor 50 Jahren so. Wir durchleben verschiedene Phasen. Von der Kindheit ins Jugendalter, hin zum jungen Erwachsenen, dann zum Familiengründer und -versorger und Karrieristen, weiter zum erfahrenen, lebensweisen Menschen, der anderen mit Rat zur Seite steht bis hin zum Senior, der das Leben genießt und gerne zurückgibt an andere.
Egal in welcher Zivilisation wir leben ist das eine normale Entwicklung. Daraus entstehen Bedürfnisse und Prioritäten. Werte verändern sich.
Vielleicht war der Job viele Jahre lang genau das Richtige für dich, weil du dich in der Zeit beweisen wolltest und Karriere machen und viel Geld verdienen im Vordergrund standen. Vielleicht bist du nun an einer Stelle angekommen, wo dir das nicht mehr so wichtig ist. Vielleicht, weil du diese Ziele erreicht hast und du auf einmal merkst, wie wenig Zeit du eigentlich hast.
Es ist ganz normal, dass im Lauf des Lebens auch unsere Lebenszeit wichtiger für uns wird. Und dass wir hinterfragen, was wir damit anfangen.
Also, kein Wunder, dass es in der Phase, wo dieses Bewusstsein größer wird, Gedanken über einen Neuanfang entstehen. Auch weil deutlicher wird, dass vielleicht die Hälfte des Lebens um ist. Wenn die eine Hälfte um ist, heißt das gleichzeitig aber auch, dass wir die andere Hälfte noch vor uns haben! Was für eine Chance, noch einmal ganz neu anzufangen!
Hier kannst du dir das Video zur Folge anschauen:
Welche Chancen gibt es für einen Neustart mit 50?
Ganz klar: Die Zeiten haben sich geändert!
Wir müssen – und können oft – nicht mehr ein Leben lang beim gleichen Arbeitgeber bleiben.
Wir müssen länger arbeiten bis zur Rente.
Wir sind fitter und jünger. 50 ist das frühere 35, das heißt, du hast vielleicht noch dein halbes Leben vor dir.
Wir bekommen nicht nur mit 40, sondern auch noch mit 50 einen neuen Job.
Und leider wächst der Druck und manchmal KÖNNEN wir auch einfach nicht weitermachen wie bisher.
Es ist außerdem viel einfacher, seine Neuorientierung als Selbstständiger auszuleben als früher. Das Internet bietet so viele fantastische Möglichkeiten, um z.B. die jahrzehntelange Erfahrung als Berater, Coach oder Mentor weiterzugeben.
Gerade eine Selbstständigkeit erscheint vielen jetzt attraktiv, weil sie sich nach mehr Freiheit und Selbstbestimmung sehnen.
Ältere bringen – auch für Unternehmen – viele Vorteile mit:
Sie haben viel Routine und Erfahrung und schon so manche Herausforderung gemeistert. Das führt zu einem gelasseneren und erfolgreicheren Umgang mit Problemen. Und zu höherer Produktivität.
Sie verfügen meist über eine bessere Menschenkenntnis, sind oft loyaler dem Unternehmen gegenüber und emotional stabiler.
Sie haben verschiedene persönliche Belastungen aus jungen Jahren nicht mehr, wie beispielsweise die Finanzierung des Hauses oder den Druck Karriere machen zu müssen. Die Kinder sind häufig aus dem Gröbsten heraus.
Allerdings – es gibt auch Vorurteile, die manchmal auch gerechtfertigt sind
Ältere sind…
nicht mehr anpassungsfähig, nicht mehr so belastbar, häufiger krank,
kennen sich mit neuen Technologien nicht aus, kommen bei den Jungen nicht mehr mit, sind unbelehrbar und können sich nicht unterordnen, tun sich schwer mit neuen Prozessen und neuem Wissen.
UND: sind zu allem Übel auch noch teuer!
Wie ich das so sage, kommt es mir vor als würde ich über Greise sprechen. Das ist ja gruselig. Das ist doch kein heutiger 50-Jähriger! Oder mancher doch?
Ja: Auch diese Menschen gibt es.
Und damit bin ich beim zweiten Gedanken vom Anfang der Episode….
Ist es eigentlich IRGENDWANN zu spät für einen Neuanfang?
Es kommt drauf an. Aber nicht auf das Geburtsdatum, sondern auf die Einstellung.
Wenn du denkst, dass du zu alt bist, dann bist du es wahrscheinlich auch.
Wenn du glaubst, du kannst etwas nicht mehr lernen, dann wirst du es nicht können.
Wenn du sagst, du hast nicht mehr die Energie, dann ist das so.
Was wir denken und sagen, das materialisieren wir.
Wenn du der Meinung bist, dass deine Fähigkeiten und Ressourcen festgelegt sind und du selbst daran nichts ändern kannst, dass du nichts lernen und weder etwas neues an-, noch etwas altes abgewöhnen kannst, dann hast du ein sogenanntes statisches Mindset. Das kann aber auch Menschen mit 30 passieren. Und dann wird Veränderung schwierig. Ein dynamisches Mindset hingegen macht einen Neuanfang in jedem Alter möglich. Wenn du glaubst, dass du alles erreichen kannst und Hindernisse dich nicht ausbremsen, sondern wachsen lassen.
Mit der richtigen Einstellung ist meiner Meinung nach ein Neuanfang immer möglich. Höre dazu auch die Podcast-Episode #41 an, in der ich Elke Jensen im Interview hatte, die mit 70! ein Unternehmen gründete!
Was sollte man bei einem beruflichen Neuanfang mit 50 oder ganz generell in der zweiten Hälfte des Berufslebens beachten?
Neben der Einstellung kommt es außerdem noch auf ein paar andere Dinge an. Die meisten sind nicht anders als bei jüngeren Menschen.
Du solltest zuerst herausfinden, was du wirklich willst.
Du solltest deine Werte kennen und die sonstigen Rahmenbedingungen, die dir für deine Arbeit wichtig sind.
Du solltest für den Übergang – gerade auch dann, wenn der Neuanfang eine Selbstständigkeit bedeutet – ein finanzielles Polster haben.
Worauf du allerdings ganz besonders achten solltest, wenn du älter bist:
Der neue Job oder die Selbstständigkeit sollte WIRKLICH das unterstützen, was du im Leben willst. Der Beruf sollte auf deine Wünsche einzahlen und auf deiner Persönlichkeit fußen.
Weiter solltest du etwas tun, wobei du auf deinem immensen Erfahrungsschatz aufbauen kannst und was du wirklich gerne machst. Das muss sich übrigens nicht auf deine berufliche Erfahrung beschränken.
Und nicht zuletzt solltest du realistisch planen und dein erwünschtes Ziel in wenigen Jahren erreichen können, damit du auch etwas davon hast.
So, erlaube mir die indiskrete Frage: Wie alt bist DU? 😉
Na bitte! Dir stehen alle Türen offen!
Natürlich auch die Tür zu mir und meinem Terminkalender. Nein, ganz im Ernst: Wenn eine Selbstständigkeit eine Möglichkeit für dich sein könnte ODER AUCH, wenn du nicht weißt, ob das was für dich ist, lass uns einfach telefonieren.