Neulich kam Luk mit einem neuen Wort bei mir an, das er in einem Podcast eines seiner Lieblingsautoren Adam Grant entdeckt hatte: Languishing.
HÖRE DIE PODCAST-EPISODE HIER:
Der Organisationspsychologe schrieb in der New York Times über dieses Gefühl und kürte es zur Emotion des Jahres 2021. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.
Und Luk stellte fest, dass es ganz genau das selbe Gefühl ist, wie wenn du in einer Karriere-Transition bist. Wenn sich abzeichnet, dass deine Karriere am Ende ist.
Was bedeutet Langushing und was hat es mit einem Karriereende zu tun?
„Dahinsumpern“ steht als Übersetzung im Wörterbuch. Ich würde eher dahindümpeln dazu sagen.
Oder auch schmachten, sehnen oder stagnieren, erlahmen oder ermatten. Irgendwie wurschtelst du dich durch den Tag und hast dabei ein Gefühl des Feststeckens – wie bei einer Karriere-Transition.
Man ist nicht im Burnout oder in einer Depression, nicht komplett hoffnungslos, aber auch weit entfernt von einem Ziel, einem Vorhaben, das einem Energie gibt. Ein Luxus-Problem?
Nun ja, dieser Gemütszustand hat sich anscheinend im Zusammenhang mit Corona weit verbreitet.
Ständige Ambivalenz, nicht wissend, wie lange die aktuelle Situation andauert, dieses In-der-Luft-Hängen ist belastend. Freudlos und grau. Du fühlst dich nicht direkt krank, doch selbst auf schöne Ereignisse in der Zukunft kannst du dich nicht mehr richtig freuen. Alles ist eine gleichbleibende, eintönige und fade Suppe.
Genau das, was derzeit viele Menschen erfahren, ist es, was auch in einer Karriere-Transition passiert. Und Covid hat nicht nur dem Begriff zu neuen Ehren verholfen, sondern auch bei den Karriere-in-Frage-Stellern das Gefühl noch verstärkt.
Viele Menschen erfahren dieses Gefühl als sehr belastend und finden es gleichzeitig sehr schwierig, darüber zu reden. Denn eigentlich hat man ja nichts. Die Frustration steigt trotzdem und doch tust du nichts dagegen. Fragt dich jemand, wie es dir geht, dann antwortest du wahrscheinlich mit: „Gut.“ Dabei ist es alles andere als das.
Allmählich tritt ein Ermüdungseffekt ein und Menschen kündigen. So werden gerade derzeit Jobs gefühlt „ausgetauscht“. In die Positionen, die die einen verlassen, gehen die anderen. Und letztere suchen in den Jobs der ersteren ihr Glück. An den Jobs kann es demnach nicht liegen. Vielleicht ist die Karriere ganz generell am Ende?
Karriere am Ende oder Luxusproblem?
Wenn man an einen Punkt kommt, an dem wirklich gar nichts mehr geht, z.B. in ein Burnout, dann ist klar, dass es ernst ist.
Languishing hingegen ist nicht so deutlich, nicht so greifbar. Es langweilt einfach. Hier sehe ich die Gefahr, dass man diesen Zustand ewig in die Länge zieht, weil man die Hoffnung hat, es werde schon besser werden. Dieses „Schönreden“ kann jedoch auf Dauer geradezu toxisch auf die mentale Gesundheit wirken.
Häufig sieht man die Entwicklung, dass eine Karriere allmählich zu Ende geht, an Lebensläufen – wenn die Verweildauer in den Jobs immer kürzer wird. Sind die Jobs daran schuld?
Wie schon beschrieben, nein. Du selbst entwickelst dich einfach mit der Zeit und wenn die Karriere dann nicht mehr passt, dann liegt das an dir. Und ja, in den neuen Job nimmst du dich natürlich mit.
Frühwarnsystem: Signale für die Karriere am Ende
Dieses „Languishing“ oder Dahinsumpern ist eine Art Frühwarnsystem. Und nicht nur eine Laune oder ein vorübergehendes Phänomen. Es ist ein Zeichen, das du beachten solltest, wenn du nicht schlimmere Folgen riskieren willst.
Sobald du diesen Zustand benennen kannst, dir klar ist, dass hier etwas nicht ok ist, ist dies schon der erste Schritt, um das Problem zu lösen.
Wenn du hingegen immer so tust, als wäre alles in Ordnung, treibt dich das immer tiefer in die Unzufriedenheit und die Frustration und kann dazu führen, dass du irgendwann krank oder gekündigt wirst.
Schau deshalb hin, wo du stehst. Sei achtsam und bewusst.
Verstehe, dass es tatsächlich ein Problem ist, vor allem dann, wenn es schon Wochen oder Monate andauert. Verstehe es als ein wichtiges Signal, dafür dass du an einem Punkt angekommen bist, wo du die Chance hast, über dein Leben zu reflektieren und gegebenenfalls eine neue Richtung einzuschlagen.
Was kannst du tun, wenn du feststellst, dass du „in Transition“ bist?
Natürlich kannst du mit deinem Chef sprechen, dich nach einem neuen Job umsehen oder eine Weiterbildung machen. Doch Gespräche führen ist unser wichtigster Tipp. Gespräche mit Menschen, die ähnliches erlebt haben, die vielleicht in einer Position sind, wo du dich gerne sähest, Menschen, die den selben Weg vielleicht schon gegangen sind. Am besten außerhalb deines Bekanntenkreises.
Es kommt dabei darauf an, dich zu öffnen und andere Lebensmodelle kennen zu lernen, um neue Möglichkeiten für deine Zukunft zu erkennen.
Auch Coaches können helfen.
Es gibt eine Menge Übungen, um sich auszuprobieren und sich seiner selbst besser bewusst zu werden – vor allem außerhalb der Verstandesebene. Denn denken allein reicht in dieser Situation meist nicht. Du musst fühlen, was es mit dir macht.
Die Lösung findest du meist nicht im nächsten Job, sondern in dir.
Zu diesem Thema habe ich auch ein kleines Programm. Infos dazu findest du unter sabinevotteler.com/managers-in-transition