In dieser Folge teile ich eine für mich sehr persönliche, schmerzhafte Erfahrung. Eines der Erlebnisse, das man am liebsten aus seiner Erinnerung ausradieren möchte. Ich wurde entlassen. Meine Krise nach der Kündigung hinterließ tiefe Spuren. Weil ich es für mich behielt, überspielte und verdrängte, nahm ich mir die Chance, von anderen zu erfahren, denen es ähnlich erging.
Falls du in einer ähnlichen Situation bist oder diese sich ankündigt, dann helfen dir hoffentlich meine Learnings, damit besser umzugehen.
Diesen Beitrag verlinke ich mit Evelyn Wursters Blog-Parade „Change überleben“.
Hier den Podcast anhören:
Die Kündigung war mein schlimmstes berufliches Erlebnis jemals. Schlimmer noch als der Burnout.
Beim Burnout fühlte ich mich nur schwach. Bei der Kündigung völlig wertlos. Das war für mich noch mal eine andere Nummer.
Dabei kam sie nicht aus dem Nichts. Sie „kündigte“ sich bereits länger an. Man wollte umstrukturieren, bot mir eine andere Position an. Damit war ich nicht einverstanden, weil es eine Herabstufung gewesen wäre.
Wir einigten uns darauf, dass wir eine andere Lösung finden.
Die Stunde der Wahrheit: Und raus bist du…
Und dann kam die Einladung des HR-Direktors zu einem Meeting. Ohne Agenda… „Nachtigall, ick hör dir trapsen …“ Ich ahnte, worum es ging. Als ich den Raum betrat, saß dort nicht nur der Kollege aus der Personalabteilung, sondern auch der Geschäftsführer. Damit war die Sache klar.
Ich glaube, das kann nur jemand nachvollziehen, der es schon erlebt hat. Wenn der Satz fällt: Wir wollen uns von Ihnen trennen.
Folge lieber anschauen als nur hören? Hier auf meinem Youtube-Kanal:
Für mich war es schrecklich. Den Rest nahm ich nur noch wie durch einen Nebel wahr. Ich glaube, das war eine Schutzreaktion.
Die Erklärungen hörte ich nicht mehr und sie waren mir auch egal. Der Dank, den sie für meine jahrelange Aufbauarbeit aussprachen, kam mir wie Hohn vor. Ich musste fast lachen.
Nachdem ich mir angehört hatte, wie man sich das weitere Procedere vorstellte, lächelte ich, zuckte mit den Schultern, sagte: Ok, dann ist ja alles klar, stand auf und verließ den Raum.
Ich war wie betäubt und das war gut so. Ich wollte nur eins: So schnell wie möglich raus aus dem Laden. Und: Auf gar keinen Fall das Gesicht verlieren!
Unter den verdutzten Blicken meiner Mitarbeiter stürmte ich zurück in mein Büro, packte meine sieben Sachen und verließ wortlos den Ort des Versagens und der Blamage.
Krise nach der Kündigung: Aber bloß nichts anmerken lassen
So empfand ich das: Als Versagen und eine riesengroße, furchtbar peinliche Blamage.
Wie konnte das MIR passieren. Für mich spielte es keine Rolle, dass ich in den Jahren zuvor so vieles für die Firma getan und große Ziele erreicht hatte. Für mich zählte nur das Endergebnis: So toll konnte ich demnach nicht gewesen sein.
Es war Freitag. Ich hatte also zumindest das Wochenende, um mich vom ersten Schock zu erholen und wieder einigermaßen klar denken zu können. Doch es wurde in der nächsten Woche nicht leichter. Ich musste mir überlegen, wie und wann ich meinen Austritt kommunizierte, dies wiederum mit der Geschäftsführung abstimmen.
Und natürlich arbeitete ich brav und gewissenhaft bis zum Austritt weiter, denn da wollte ich mir nichts nachsagen lassen. War das schwer!
Ich verstehe jeden, der sich in so einer Situation krankschreiben lässt. Doch das kam für mich nicht in Frage. Ich hatte ein Standing und das würde ich bis zum bitteren Ende aufrechterhalten.
In Wahrheit stürzte mich die Kündigung in tiefe Selbstzweifel
„Man kann das Leben nur rückwärts verstehen, aber leben muss man es vorwärts.“ (Søren Kierkegaard)
Den Spruch kennst du wahrscheinlich. Und natürlich war das auch bei mir genauso. Es ist leicht, im Nachhinein zu sagen: Gut, dass es so gekommen ist. Wenn man mittendrin sitzt in der Krise, dann kann man sich nicht vorstellen, wozu das gut sein soll.
Die ersten Wochen fühlte sich das überhaupt nicht gut an. Auch nach Monaten, ja selbst heute noch möchte ich nicht sagen: „So ein Glück, dass mir das passiert ist.“ Ich hätte mir das gerne erspart und hätte meine Lektion lieber auf sanftere Weise gelernt.
Die meisten finden sich in einer Achterbahn der Gefühle wieder. Manche fühlen sich wie im Schleudergang einer Waschmaschine, andere wie ausgekotzt, wieder andere beschreiben es mit Verlorenheit oder Orientierungslosigkeit, andere tappen im Nebel oder im Dunkeln.
Die Krise nach der Kündigung: Ein großes schwarzes Loch
Ich hatte das Gefühl, als ob sich ein riesengroßes schwarzes Loch der Resignation auftat und drohte, mich in sich aufzusaugen. Dagegen wehrte ich mich mit all dem bisschen Energie, das ich noch hatte. Auf gar keinen Fall würde ich aufgeben.
Der erste, den ich nach meinem Partner einweihte, war ein Anwalt. So einfach wollte ich mich nicht abspeisen lassen. Und das war gut. Der Mann war eine Empfehlung. Er hatte echt Ahnung und ich war unendlich dankbar, dass sich jemand auf meine Seite schlug und mir beipflichtete, dass mich keine Schuld traf. Ich fühlte mich nämlich sehr schuldig.
Das Beste daran war, dass er die Verhandlungen mit meinem Arbeitgeber komplett übernahm und mich anwies, ich solle mich da völlig raushalten. Kein Gespräch mehr über meine Kündigung mit irgendjemandem aus der Firma. War das eine Erleichterung! Mir fielen zentnerweise Steine vom Herzen.
Learning #1: Ein guter Anwalt ist viel mehr als ein Anwalt in der Krise nach der Kündigung
Dass man so schnell wie möglich mit einem Anwalt sprechen sollte, ist den meisten klar. Was ich hier betonen möchte ist nicht die juristische Seite, sondern die mentale.
Natürlich ist ein Anwalt kein Therapeut. Darum geht es auch gar nicht. Aber ich war damals äußerst verunsichert und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Es tat mir unglaublich gut, dass jemand die nächsten Schritte übernahm, dabei sehr strukturiert vorging, mir genau sagte, was er von mir brauchte und mir die Sicherheit gab, dass zumindest diese Sache lief und ich mir darüber keine Gedanken mehr machen musste.
Learning #2: Es ist nicht deine Schuld!
Wahrscheinlich fragst du dich immer wieder: Warum? Du willst herausfinden, was du falsch gemacht hast, wo deine Leistung vielleicht doch nicht gut genug war.
Vielleicht machst du dir auch Vorwürfe, warum du etwas nicht anders gemacht hast oder warum du nicht schon viel früher Gegenmaßnahmen ergriffen hast. Selbstvorwürfe verunsichern dich immer mehr und nagen am Selbstwert.
Oder du gibst der Gegenseite die Schuld. Auch nicht gut, denn Schuldzuweisungen reißen die Wunde immer wieder auf und machen sie noch größer. Sie lassen dich verbittern. Ich möchte dir zurufen: Lass gut sein.
Keiner ist „schuld“. Es ist auch nicht „deren“ Schuld. Die sind nicht unmenschlich oder ungerecht oder bösartig. Es ist eine unternehmerische Entscheidung, die in diesem Fall unter anderem dich betrifft. Aber nicht, weil du etwas schlecht oder falsch gemacht hast.
Mir hat folgender Gedanke geholfen:
Es passt einfach nicht mehr. Wir passen nicht mehr zusammen. Punkt. That’s it!
Die Kündigung markierte eine echte Veränderung – jetzt mal zu den positiven Dingen
Ich war Ende 40 und dass sich diese Kündigung so auf mich auswirkte, hängt aus meiner Sicht auch mit dem Alter zusammen. Ein jüngerer Mensch wird in der Regel anders damit umgehen. Er wird die Verletzung relativ schnell verschmerzen und sich eben einen neuen Job suchen.
Nach außen tat ich genau dasselbe. Innerlich jedoch arbeitete es bei mir. Ich fing an, mir wichtige Lebensfragen zu stellen, die ich nicht beantworten konnte. Was will ich eigentlich für die nächsten 20 Jahre? Ich konnte es nicht sagen. 10 Jahre vorher wäre es klar gewesen: Ein noch verantwortungsvollerer Job, weitere Schritte auf der Karriereleiter.
Doch da hatte ich jetzt große Zweifel. Wollte ich das wirklich immer noch?
Obwohl ich doch „schon so alt“ war, fing ich an, über komplett andere Jobs nachzudenken – geht das mit knapp 50?? – weg von dem, was ich bis dato gemacht hatte.
Ich begann, mich mit Themen zu beschäftigen, mit denen ich vorher nichts zu tun hatte oder sogar nichts zu tun haben WOLLTE. Finanzen. Spiritualität. Selbstständigkeit. Ich besuchte Veranstaltungen und lernte für meine damaligen Verhältnisse total andersartige, verrückte Menschen kennen. Und das tat mir gut und öffnete meinen Horizont.
Veränderung – weil ich keine andere Wahl hatte
Die Veränderung, die mit mir passierte, führte dazu, dass ich mich selbstständig machte. Sie geschah nicht in zwei oder drei Monaten. Insgesamt dauerte es Jahre. Wenn ich mich damals und heute vergleiche, sind das unterschiedliche Persönlichkeiten. Ich bin froh und stolz über diese Entwicklung. Ich finde sie besser als das, was aus mir geworden wäre, wäre ich geblieben. Zumindest als das, was ich mir vorstelle.
Wenn ich mir meine Bekannten von damals anschaue, dann kann ich das ungefähr abschätzen. Da sehe ich Erfolg und Geld und auch Glück und langjährige Partnerschaften und Familien. Es herrscht nicht etwa Chaos, Streit und Krise bei denen. Aber MEIN Leben wäre es nicht. Es wäre mir zu einseitig.
Hätte diese Veränderung stattgefunden ohne die Kündigung? Ich denke nein. Ich hätte weder Interesse noch Zeit für Neues gehabt.
Wäre das 10 Jahre früher auch so gelaufen? Ich denke nein. Ich wäre auf der bekannten Karriere-Spur geblieben, weil es da noch Ziele zu erreichen gab.
Das Leben hat es also ziemlich geschickt eingefädelt.
Wäre mir das doch bloß früher bewusst geworden! ☺
Learning #3: Alles geschieht FÜR dich
Es gibt den Satz: „Alles geschieht für dich.“ Hätte mir das damals jemand gesagt, wäre ich ihm wahrscheinlich an die Gurgel gesprungen. Ich trau mich trotzdem, es heute zu sagen. Für alle, die jetzt genau dort sind, wo ich damals stand.
Ich bitte dich, diesen Gedanken, wenn auch nur als eine sehr unwahrscheinliche Option ☺️ zuzulassen: Glaube mir, es geschieht für dich. Es geschah auch für mich.
In diesem Job hatte ich mich schon längere Zeit nicht mehr wohlgefühlt. Diese Umstrukturierungen machten mir zu schaffen, und erst recht die Politik. Doch ich habe weitergemacht. Aus Angst vor Veränderung, aus Sturheit, Bequemlichkeit, Ehrgeiz, Statusanspruch, …
Vermutlich wäre ich viele weitere Jahre geblieben und hätte mich gequält, wenn die andere Seite nicht die Entscheidung getroffen hätte. Ich wurde sehr unsanft aus meiner Komfortzone herausgerissen, die eigentlich schon lange gar nicht mehr komfortabel war. Deshalb war die erzwungene Veränderung letzten Endes besser. Also FÜR mich.
Wenn du in einer ähnlichen Situation bist – beruflich oder privat – unfreiwillig und unausweichlich mit Veränderung im Außen konfrontiert, die du selbst nicht in der Hand hast, dann hast du jetzt nicht nur die Chance, sondern überhaupt keine andere Wahl, als auch dich selbst zu verändern.
Vielleicht wolltest du gar keine Veränderung und es hätte alles gerne so bleiben können, wie es war. Weil du deinen Job immer noch völlig in Ordnung fandest. Dann geh‘ davon aus, dass das Leben mehr mit dir vorhat. Glaub‘ es einfach, schon deshalb, weil es hilft.
Das hört sich alles ziemlich entspannt an, oder? Im Nachhinein. Mittendrin in der Krise ist es alles andere als das!
Der Verstand produziert einen toxischen Cocktail aus Horrorszenarien
Der Schock-Phase, in der ich mich völlig ausgeknockt fühlte – ungefähr wie mit einer schweren Grippe, wenn dir einfach alles wurscht ist – folgte eine Zeit des Über-Aktionismus. Phase 1 dauerte bei mir nur wenige Wochen. In Aktion kam ich dann nicht, weil ich schon wieder Lust auf Neues hatte, sondern aus Angst.
Das ist bei den meisten ein toxischer Cocktail aus allen möglichen Ängsten, die unser Kopf durch die schlimmsten Horrorszenarien heraufbeschwört.
Was, wenn ich deshalb entlassen wurde, weil ich einfach nicht gut bin? Wie soll mich da jemand einstellen?
Wie soll ich erklären, dass mir gekündigt wurde?
Wie kann ich selbstbewusst in ein Vorstellungsgespräch gehen, wenn ich solche Selbstzweifel habe?
Welche Chancen habe ich überhaupt noch mit knapp 50?
Was, wenn ich zu lange arbeitslos bin – dann will mich doch gar keiner mehr?
Was mache ich, wenn ich die Abfindung aufgebraucht habe?
Was, wenn mir das Geld ausgeht?
Ich „musste“ ganz schnell wieder Geld verdienen
Der Dreh- und Angelpunkt war das Geld. Dabei entbehrten diese finanziellen Ängste aus verschiedenen Gründen wirklich jeglicher Realität. Der Angst war das egal.
Das führte dazu, dass ich natürlich so schnell wie möglich wieder einen Job finden wollte. In meiner Wahrnehmung sogar MUSSTE! Deshalb musste ich alle Hebel in Bewegung setzen. Ich bewarb mich auf jede auch nur einigermaßen passende Ausschreibung, die nicht bei 3 auf dem nächsten Baum war. 😆
Ich sprach mit mindestens 25 Headhuntern.
Ich trug mich bei allen für meine Position relevanten Stellenportalen ein, legte dort jeweils mehrere Suchprofile an und ließ mich täglich per Mail über neue Angebote informieren.
Warum dieser Aktionismus nicht zielführend war und was du anders machen solltest, habe ich schon in Podcast-Episode #164 besprochen (klick!).
Learning #4: In der Krise nach der Kündigung erst mal erholen
Ich weiß, wie schwierig es sein kann, in dieser Ausnahmesituation einfach nichts zu machen. Du hast das Gefühl, dass es auf Geschwindigkeit ankommt. Dass du die besten Chancen verpasst, wenn du nicht sofort aktiv wirst. Dass – je länger es dauert mit dem neuen Job – deine Chancen stetig sinken.
Beruhige dich erst mal. In den ersten Monaten geht dir überhaupt nichts verloren. Du verlierst vor allem dann, wenn du dir nicht erlaubst, dich von der Kündigung zu erholen.
Wenn du – so wie ich damals – selbstverständlich dir auch unnötige Ausgaben wie einen Urlaub untersagst. Nix da, erst mal der neue Job. Das ist Unsinn! Du musst dir nichts verbieten oder dich gar selbst kasteien. Warum? DICH TRIFFT KEINE SCHULD. Wenn du jetzt so unsensibel mit dir umgehst, DANN machst du dich schuldig. Denn dann wird die Erholung schwieriger und langwieriger.
Erlaube dir Erholung und akzeptiere, dass so eine Entlassung auch den Stärksten aus dem Gleichgewicht bringt. Deine einzige Verpflichtung ist, dich um dich selbst zu kümmern.
Gerade für High Performer, für Menschen mit einem starken Leistungsmotiv, für solche, die immer auf der Überholspur waren, ist es schwierig, mal locker zu lassen. Ich kann ein Lied davon singen… 😉
Ein Gedanke dazu:
Was wäre, wenn es genau das ist, was du in dieser Krise lernen kannst?
Diese Situation auszuhalten, strukturiert zu reflektieren und den Prozess nicht nur möglichst schnell hinter sich zu bringen, um dann vielleicht wieder in einem Job zu landen, der nur halbwegs passt, ist eine Herausforderung.
Zu erkennen, welche Möglichkeiten und Chancen darin stecken und warum es vielleicht auch für dich genau das richtige, wenn auch unangenehme Ereignis zur rechten Zeit ist, ist allein kaum möglich. Da hilft es enorm, wenn man jemanden an seiner Seite hat, der den Prozess kennt, der die richtigen Fragen stellt und der einen immer wieder auf die positiven Seiten hinweist.
Genau diesen Job liebe ich. Ich bin Mitdenkerin, Motivatorin und Sparringspartnerin – als Coach bezeichne ich mich nicht. Ich stell nämlich nicht nur Fragen. Ich sag dir auch, was ich sehe und denke.😉 Denn nach meiner eigenen Erfahrung und fast 8 Jahren mit Führungskräften und Executives in dieser Situation habe ich vieles gesehen und erkenne Dinge, die du nicht sehen kannst. Ist ja logisch.
Wenn du in einer Krise nach einer Kündigung steckst, lass uns gerne mal über deine Situation sprechen. Dabei ist es egal, ob die Situation noch ganz frisch ist, ob du den ersten Schock schon überwunden hast, ob du vielleicht schon Monate im gefühlten Stillstand verharrst oder ob du dem drohenden Damoklesschwert der Kündigung aktiv zuvorkommen willst.
Vereinbare einfach ein kostenloses Gespräch in meinem Terminkalender und wir sehen, ob ich dir helfen kann: