Berufliche Wendepunkte in der Lebensmitte kommen für viele Menschen überraschend und stellen eine Herausforderung dar. Der Journalist Stefan Robiné, mein heutiger Podcast-Gast, stand mit 56 Jahren plötzlich an einer überraschenden Weggabelung. Da tauchte nämlich ganz unvermittelt die Option Vorruhestand in seinem Kosmos auf. Er entschied sich erst dafür, dann doch dagegen. Warum und wie er heute, Jahre später auf „Alter und Arbeit“ blickt, erzählt er in unserem Gespräch.
Stefan Robinés beruflicher Werdegang begann mit einem Psychologie- und Theologiestudium. Sein Ziel war es, Journalist zu werden, und diesen Weg hat er konsequent verfolgt. Nach dem Studium absolvierte er ein Volontariat und arbeitete zwei Jahre lang als freier Journalist, bevor er dann in eine Festanstellung wechselte.
Seine Karriere führte ihn durch verschiedene renommierte Medienunternehmen: von der englischsprachigen Nachrichtenagentur Associated Press zur Deutschen Welle zum Deutschlandfunk und später zur ARD/ZDF-Medienakademie. Diese Position war die längste seiner Laufbahn – 15 Jahre lang verantwortete er dort die Trainingsprogramme für Journalisten.
Der Wendepunkt nach 15 Jahren
Doch nach dieser langen Phase kam der Umbruch. Stefan hatte sich nie vorgenommen, für den Rest seines Berufslebens in dieser Position zu bleiben. Jetzt wollte er sich weiterentwickeln, neue Herausforderungen suchen. In der Medienakademie hatte er zwar immer wieder neue Entwicklungen begleitet, insbesondere im Bereich der Digitalisierung, aber nach 15 Jahren war für ihn der richtige Zeitpunkt gekommen, um sich zu verändern.
Ein alter Traum meldete sich wieder, und den wollte er endlich umsetzen: Er wollte als Auslandskorrespondent nach Brüssel. Er stellte sich das relativ einfach vor, hatte er doch einiges an Erfahrung vorzuweisen.
So kehrte er zur Deutschen Welle zurück, wo er eine Position in Aussicht hatte. Doch dann veränderten sich die internen Strukturen, und er fand sich plötzlich in einer Situation wieder, in der er zwar einen Job hatte, aber keine passende Aufgabe. Derjenige, der ihm den Job zugesichert hatte, war nicht mehr da. Die Brücke nach hinten war abgebrochen und nach vorne gab es keine.
Er kam aus dem vollen Galopp aus der Fülle seines Könnens und Wollens und wurde radikal ausgebremst. Da war er 56 Jahre alt und wusste: Das hatte er sich anders vorgestellt.
Eine kritische Entscheidung: Vorruhestand oder Neustart?
Just in dieser Zeit legte die Deutsche Welle ein Vorruhestandsprogramm auf, in das 56-jährige einsteigen konnten, um auszusteigen. Vor dem gegebenen Hintergrund erschien Stefan dies als eine attraktive Option. Also unterschrieb er die Vereinbarung. Und hatte anschließend drei schlaflose, schweißgebadete Nächte. Die Entscheidung für den Ruhestand fühlte sich falsch an. Er fühlte sich dafür nicht reif. Er zog seine Unterschrift zurück und blieb im Unternehmen.
Doch die Situation war nicht mehr die gleiche. Die Rückkehr zur Deutschen Welle war geprägt von Umstrukturierungen und internen Veränderungen, die seine Rolle unsicher machten. Zwar übernahm er noch eine stellvertretende Hauptabteilungsleitung, aber durch weitere personelle Wechsel war diese Position nicht langfristig stabil. Er war erneut in einer Phase des Umbruchs, ohne klare Perspektive.
Die zweite kritische Entscheidung: Endgültiger Ausstieg
Inzwischen 63 Jahre alt drückte er die Pause-Taste und verordnete sich selbst ein dreimonatiges Sabbatical.
Er reiste alleine auf eine Insel, weit weit weg, um Abstand zu gewinnen und Klarheit zu finden. Er nahm sich ganz bewusst Zeit für die Selbstreflexion. Dort stellte er fest, dass es für ihn nicht darum ging, einfach nichts mehr zu tun. Er wollte eine neue Rolle für sich finden.
Ein wichtiger Schritt war dabei, sich mit seinen finanziellen Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Er berechnete, mit welchen Einkünften er auskommen würde, und stellte fest, dass er mit weniger Geld, aber dafür mit mehr Freiheit und Zufriedenheit leben konnte. Diese Erkenntnis erleichterte ihm die Entscheidung, die Festanstellung endgültig hinter sich zu lassen.
Doch damit stellte sich eine neue Frage: Was jetzt? „Was mache ich denn, wenn ich nicht mehr mache, was ich immer gemacht habe?“ Dabei hatte er – wie er sagt – den „Luxus“, sich neu orientieren zu können und dabei eine finanzielle Basis zu haben – die Rente nämlich.
Die Rente zur Finanzierung der Gründung
Die Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner Situation führte schließlich zur Geschäftsidee. Es war nicht einfach, sich plötzlich Rentner nennen „zu können, zu sollen, zu müssen“. Der Begriff Rente weckt bei vielen Bilder von Rollatoren, Treppenliften und Altersheimen… So fühlte er sich ja nun gar nicht.
„Und das trifft so einfach für die Masse der Leute in meinem Alter nicht mehr zu.“, sagt Stefan. Nicht wenigen geht es ja wie ihm: Sie haben beruflich viel erreicht und blicken auf ein bisher gelungenes Leben. Dann von 100 auf 0 runterzubremsen und sein Leben mit Hobbies zu füllen, das gelingt den meisten nicht.
Und darauf ist kaum jemand vorbereitet. Stefan nennt es die „Quiet Transition“. Ja, auch hier haben wir es mit einem Übergang und einem Umbruch zu tun – „mein“ Thema! 🙂 Ein Übergang, der in Teilen von der Gesellschaft vorgegeben ist. Doch was wir daraus machen, können wir selbst entscheiden.
Genau da setzt Stefan nun in seiner Selbstständigkeit an. Er hat dabei genau das getan, was auch ich damals beim Schritt aus der Karriere tat und was auch für dich möglich ist: Er erkannte ein Problem, weil er es selbst hatte. Er traf auf eine Nische, die in Zukunft wächst. Er verband das mit dem, was er kann – Journalismus und Unternehmensführung – und dem, was ihn schon immer interessierte: Psychologie.
Heute hilft er Individuen, diesen Übergang vorzubereiten und unterstützt Unternehmen, frühzeitig Konzepte zu entwickeln und mit ihren Ü55-ern rechtzeitig ins Gespräch zu gehen, und die Zukunft bis zur Rente und darüber hinaus zu gestalten.
Mit seinem Unternehmen Senior Expertise ist sein Ziel, Fachkräfte im späteren Berufsleben zu unterstützen, anstatt sie vorzeitig aus dem Arbeitsmarkt zu drängen. Denn viele Unternehmen vernachlässigen das Potenzial ihrer älteren Mitarbeiter und verlieren so wertvolle Erfahrung und Fachwissen. Er setzt sich dafür ein, dass Ü55-Mitarbeiter gezielt gefördert werden, um einen produktiven und sinnvollen Abschluss ihrer Laufbahn zu gestalten.
Ein Rat an alle, die vor einer beruflichen Weggabelung stehen: Vorruhestand, was ganz anderes oder doch weiter so?
Abstand nehmen! Ob durch eine Auszeit, Gespräche mit neuen Menschen, mit Menschen, die bereits eine berufliche Transition erlebt haben, oder durch professionelle Begleitung – es ist entscheidend, sich aus der eigenen Betroffenheit zu lösen und neue Perspektiven zu gewinnen.
Du willst mehr über Stefan Robiné erfahren? Hier findest du ihn:
- https://www.linkedin.com/in/stefan-robin%C3%A9-a0b287a6/
- Babyboomer-Podcast
- www.senior-expertise.com
Warum „Let’s talk about“?
Ich habe diese Reihe ins Leben gerufen, weil ich weiß, dass es eine ordentliche Portion Mut erfordert, aus der Angestelltenrolle in die Selbstständigkeit zu gehen. Und weil ich außerdem weiß, dass Vorbilder und Gleichgesinnte ein ganz wichtiger Schlüssel zum Erfolg sind.
Sie zeigen eben, dass es funktioniert. Dass nicht immer alles glattläuft. Dass der Erfolg nicht über Nacht kommt, dass jeder Hürden überwinden muss, dass es nicht nur Mut, sondern auch Durchhaltevermögen braucht.
Und sie erzählen, wie SIE es gemacht haben. Sie berichten über ihre ganz persönliche Geschichte, sprechen offen über ihre Ängste und auch über Misserfolge. Und natürlich über ihre eigenen Erfolgsrezepte.
WENN SIE ES GESCHAFFT HABEN, DANN SCHAFFST DU ES AUCH!
Willst du dich beruflich neu orientieren und brauchst Unterstützung? Dann lerne mich doch einfach kennen! 😉 Vielleicht kann ich dir helfen. Das finden wir in einem ersten unverbindlichen Gespräch heraus. Ganz einfach einen unverbindlichen Termin vereinbaren.