18 Jahre loyal – und plötzlich passt nichts mehr
„Ich habe mich sehr fest im Sattel gefühlt.“ Mein Interview-Gast Rainer Wilke Kasanický sagt diesen Satz nicht leichtfertig. 18 Jahre war er in einem einzigen Unternehmen, einem traditionsreichen, familiengeführten Verpackungsbetrieb. Er war dort Produktionsleiter, später Operations Manager und schließlich Geschäftsführer von drei europäischen Standorten. Er hatte Verantwortung, Gestaltungsspielraum und genoss großes Vertrauen. Und dann der Karrierebruch in der Lebensmitte – und alles kippte.
Rainer stellte seine Karriere nicht in Frage, weil er „keine Lust mehr“ hatte oder weil er „mehr Sinn“ suchte. Sondern weil sich im Unternehmen Dinge veränderten, auf die er keinen Einfluss hatte: ein Führungswechsel, eine neue Chemie, andere Spielregeln.
Und plötzlich musste er sich rechtfertigen für Entscheidungen, seine Haltung und das, was jahrelang selbstverständlich war. Auf einmal stand er unter Beobachtung und das, nachdem er seit vielen Jahren keinerlei Micromanagement mehr kannte.
„Ich wusste doch, wie das Geschäft läuft. Und jetzt wurde ich hinterfragt und auch noch von einer Person mit weniger Erfahrung, von der ich das einfach nicht gut akzeptieren konnte.“
Rainers Geschichte steht exemplarisch für eine häufig übersehene Variante der beruflichen Neuorientierung:
Nicht der langsame innere Burnout führt zum Bruch, sondern der Verlust von Einfluss und Vertrauen in einem System, das bis dahin wie ein Zuhause war.
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Wenn Loyalität zur Sackgasse wird
Viele Menschen in Führungspositionen über 45 kennen diese Dynamik:
Man war lange im selben Unternehmen. Hat sich hochgearbeitet. War loyal. Ist mitgewachsen. Hat Krisen durchgestanden, Umstrukturierungen begleitet, Ergebnisse geliefert.
Und gerade weil alles so lange funktioniert hat, glaubt man: „Mir kann nichts passieren.“
„Ich hatte ein sehr gutes Verhältnis zur Inhaberfamilie – dachte ich zumindest,“ sagt Rainer. „Diese Beziehung hat mir Sicherheit gegeben. Aber rückblickend war das eine Sicherheit, die es so nicht mehr gab.“
Solche Brüche sind besonders erschütternd, weil sie nicht aus Frustration oder Langeweile heraus passieren, sondern aus dem Gefühl, plötzlich nicht mehr dazuzugehören.
Es ist kein langsamer Abschied, es ist ein identitätserschütternder Kontrollverlust.
Der schleichende Bruch und das eine Gespräch, das alles verändert
Der Ausstieg zog sich über zwei Jahre. Kein großer Knall. Kein Drama. Aber ein schleichendes Aushöhlen. Rainer beschreibt es so:
„Ich habe gemerkt, meine Freiheit wird kleiner. Ich konnte Entscheidungen nicht mehr so treffen wie früher. Und ich hatte das Gefühl, ich werde kleingehalten, obwohl ich genau wusste, was ich tue.“
Seine Frau, seine Kinder, Freunde hörten seine Zweifel, aber auch seine Rechtfertigungen und Erklärungsversuche: Vielleicht übertreibe ich. Vielleicht bin ich nur zu empfindlich. Vielleicht ist es ein vorübergehendes Tief.
Und dann kam ein Gespräch mit der neuen Führungskraft, das alles beendete:
„Ich saß da und dachte: Okay, das war’s jetzt wirklich. Und das war traurig, ja – aber auch befreiend.“
Wenn die Identität ins Wanken gerät: Wer bin ich ohne diesen Job?
Der Moment des Ausstiegs war der Beginn eines inneren Ausnahmezustands. Rainer beschreibt diese Zeit als Cocktail aus widersprüchlichen Gefühlen: „Jede Nacht war es ein anderer Mix. Enttäuschung, Wut, Selbstzweifel, Existenzangst, Trotz, Trauer. Die Zutaten waren gleich, aber die Mischung war immer neu.“
Trotz Abfindung und vertraglicher Sicherheit kamen sofort alte Glaubenssätze hoch: Was sagen die anderen? Bin ich jetzt raus? Wer bin ich ohne meine Rolle als Geschäftsführer?
Diese Fragen erleben viele in der Lebensmitte, wenn der Beruf plötzlich wegbricht.
Denn was uns in dieser Phase oft am meisten fehlt, ist nicht Geld oder Struktur, sondern Identität, Selbstwert, Zugehörigkeit.
Karrierebruch in der Lebensmitte: Und plötzlich soll alles wieder wie früher sein?
„Ich bekam Angebote, was natürlich gut war“, sagt Rainer. „Aber immer nur das Gleiche. Wieder Technik, wieder Geschäftsführer, Fortsetzung des alten Wegs. Und du spürst ganz deutlich: Ich will das eigentlich nicht nochmal.“
Genau hier stecken viele fest. Sie waren erfolgreich, aber dieser Weg fühlt sich verbraucht an. Nur: Was ist die Alternative? Gerade in der Lebensmitte glauben viele, sie müssten „jetzt nochmal durchziehen“. Noch zehn Jahre. Noch ein Posten. Noch ein Vertrag.
Doch was, wenn das alte System nicht mehr passt und das neue noch nicht sichtbar ist?
Der Gamechanger kam auf dem Balkon – mit einer einzigen Frage
Es war ein Abend mit seiner Partnerin und dann ihre Frage: „Wenn alles piep-egal wäre – was würdest du tun?“
Zuerst kam der Reflex der Vernunft: „Es ist aber nicht egal.“
Aber dann, fast trotzig, die Antwort: „Ich glaub, ich würde Psychologie studieren.“Das war kein spontaner Geistesblitz. Es war der erste Satz, in dem sich ein inneres Bedürfnis ausdrückte, das schon lange da war: Menschen begleiten, verstehen, Entwicklung ermöglichen.
Kleine Schritte, große Wirkung: Warum Prototyping so wichtig ist
Er informierte sich über das Studium, doch Psychologie zu studieren, schien dann doch nicht das Richtige zu sein: zu viel Mathe und Statistik. Aber das Thema ließ ihn nicht los. Und so überlegte er, wie er dieses Interesse in einem anderen Format ausleben könnte.
Und er begann, mit anderen darüber zu sprechen. Mit Freunden, Coaches, Ausbilder:innen.
Eine Bekannte bot ihm an: „Mach doch einfach mal ein Modul meiner Coaching-Ausbildung. Probier’s einfach aus, ob das was für dich ist. Ohne Verpflichtung.“
„Das war super. Es war niedrigschwellig. Ich konnte spüren: Wie fühlt sich das an? Ist das wirklich meins?“
Genau dieses „ins Tun kommen und fühlen, was es mit einem macht“ ist ein Schlüssel in jeder beruflichen Transition. Nicht analysieren, planen, optimieren, sondern spüren, erleben, testen.
Wie Karrierebrüche völlig neue Räume für alte Werte öffnen können
Ein zentrales Thema in Rainers Geschichte ist das Bedürfnis nach Anerkennung. Früher bekam er sie über Status, Titel, Funktion und Gehalt.
Heute ist ihm seine Wirkung und die Resonanz anderer darauf viel mehr wert.
„Mir ist es total wichtig, dass jemand sagt: Das Coaching hat mir echt was gebracht. Oder: Das war ein richtig gutes Essen. Ich krieg da Gänsehaut. Die Anerkennung ist immer noch wichtig, aber ich hole sie mir heute anders.“
Das zeigt eine tiefe Erkenntnis, die viele erleben, wenn sie sich trauen, alte Rollen loszulassen: Die Werte bleiben oft gleich, aber die Art, wie wir sie leben, verändert sich.
Die größte Errungenschaft war nicht das Ergebnis, sondern der Prozess
Heute arbeitet Rainer als Coach für Führungskräfte. Er begleitet Menschen durch Veränderungsprozesse, individuell und in Teams. Dafür nutzt er nicht nur Tools, sondern auch seine eigene Erfahrung.
„Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn alles wegzubrechen droht. Ich weiß, wie groß die Angst sein kann. Aber ich weiß auch, dass da was Neues kommt, wenn man sich traut.“
Rückblickend sagt er:
„Die größte Errungenschaft war der Wechsel selbst. Dass ich es gemacht habe. Dass ich was anderes ausprobiert habe.“
Fazit: Der Bruch ist nicht das Ende. Er ist der Anfang eines anderen Lebens
Rainers Geschichte ist keine Ausnahme. Viele Menschen erleben einen Karrierebruch in der Lebensmitte, nicht weil sie versagt haben, sondern weil sich das System um sie herum verändert. Weil Loyalität plötzlich nicht mehr zählt. Weil Spielregeln sich verschieben. Und weil man selbst sich auch verändert.
Wer an diesem Punkt steht, sollte sich nicht vorschnell neu bewerben. Sondern zuerst fragen:
- Was würde ich tun, wenn alles möglich wäre?
- Woher bekomme ich heute meine Anerkennung?
- Welche Werte will ich leben und wie?
Rainers Tipp: „Ausprobieren. Warum sollen nur 18-Jährige Praktika machen?“
Wer mitten im Berufsleben steht, traut sich oft nicht, Dinge einfach mal auszuprobieren. Weil es „nicht professionell wirkt“. Oder „unrealistisch“ scheint. Oder weil man denkt: „In meinem Alter macht man so was nicht mehr.“
Rainer sieht das anders (ich übrigens auch!): „Ich sage das auch meinen Kindern: Probier’s aus. Mach ein Praktikum, ein Projekt, sprich mit Leuten. Warum sollte ich das mit 50 nicht auch dürfen?“
Sein Rat an alle, die spüren, dass es so nicht weitergeht: „Du musst nicht sofort wissen, was du willst. Aber du solltest dich trauen, ins Tun zu kommen. Nicht alles im Kopf durchrechnen, sondern rausfinden, wie sich etwas anfühlt. Das ist der Unterschied.“
Wenn du Rainer Wilke Kasanický kontaktieren willst findest du ihn hier:
Warum „Let’s talk about“?
Ich habe diese Reihe ins Leben gerufen, weil ich weiß, dass es eine ordentliche Portion Mut erfordert, aus der Angestelltenrolle in die Selbstständigkeit zu gehen. Und weil ich außerdem weiß, dass Vorbilder und Gleichgesinnte ein ganz wichtiger Schlüssel zum Erfolg sind.
Sie zeigen eben, dass es funktioniert. Dass nicht immer alles glattläuft. Dass der Erfolg nicht über Nacht kommt, dass jeder Hürden überwinden muss, dass es nicht nur Mut, sondern auch Durchhaltevermögen braucht.
Und sie erzählen, wie SIE es gemacht haben. Sie berichten über ihre ganz persönliche Geschichte, sprechen offen über ihre Ängste und auch über Misserfolge. Und natürlich über ihre eigenen Erfolgsrezepte.
WENN SIE ES GESCHAFFT HABEN, DANN SCHAFFST DU ES AUCH!
Der erste Schritt muss kein Masterplan sein.
Manchmal reicht ein Gespräch auf dem Balkon, ein Wochenende Abstand, ein Testmodul einer Coaching-Ausbildung oder: ein Gespräch mit mir.
Wenn du Beratung brauchst, dann lass uns einander doch kennenlernen. 😉 Vielleicht kann ich dir helfen. Das finden wir in einem ersten unverbindlichen Gespräch heraus. Ganz einfach Termin vereinbaren: